Schweiz begeht ordnungspolitische Sünde

Eine Schweizerflagge in den Bergen
Mit ökologischen Argumenten will die Schweiz die Stahlindustrie retten. (Bild: J. Hoerfer / unsplash)

Die Schweizer Wirtschaft soll nach den Prinzipien von Markt und Wettbewerb organisiert sein. Beim Stahl werden die Politiker aber kreativ.

Es war bloss eine Frage der Zeit, wann die schönen Sonntagsreden über die Abdankung der Schweizer Stahlindustrie verstummen würden.

Die ersten Beteuerungen lauteten, dass es auf keinen Fall staatliche Hilfen für die marode Stahlherstellung in der Schweiz geben solle.

Steuerzahler müssen zahlen

Viel zu teuer sind die Arbeitskosten hierzulande, viel zu teuer ist die Energie zur Stahlproduktion in der Schweiz und viel zu dunkel sind die Aussichten beim Hauptabnehmer, dem deutschen Automobil- und Maschinenbau.

Ausserdem gibt es ja gigantische Überkapazitäten auf dem Markt, was die Verkaufspreise trotz hoher Kosten in den Keller treibt.

Staatshilfen sind in einer Marktwirtschaft ohnehin verpönt. Schliesslich muss jemand am Ende die Rechnung zahlen und das Geld für die Subventionen aufbringen. Dies fehlt dann aber andernorts.

Staat schafft bessere Bedingungen

Die Hilfsgelder verzerren zudem vollkommen den Wettbewerb und senken den Anreiz, Anpassungen vorzunehmen, um wettbewerbsfähig zu bleiben.

Und obendrein wird die ökonomische Verteilung von Kapital mit den Staatseingriffen durcheinandergewirbelt, weil eben ordnungspolitische Prinzipien um Markt und Wettbewerb ausgehebelt werden.

Das Hauptargument der Politik ist immer das Gleiche. Es sollen Arbeitsplätze geschaffen beziehungsweise erhalten werden.

Für Arbeitnehmer ist das oft der Hohn, dass mit ihrem Steuergeld andernorts bessere Bedingungen geschaffen werden, damit dort Menschen arbeiten können.

Von einer Steigerung der Wohlfahrt fehlt dabei jede Spur.

Änderung des Stromgesetzes

Dennoch will das Schweizer Parlament die Schweizer Stahlindustrie erhalten. Dabei werden die Politiker kreativ, wie aus der Wintersession im Parlament hervorgeht.

Der Bund soll den angeschlagenen Schweizer Stahl- und Aluminiumwerken helfen, hiess es plötzlich unisono aus der Politik.

Zunächst stuften die Eidgenössischen Räte die vier Stahlwerke als strategisch bedeutend ein und dann schlugen sie eine Änderung des Stromversorgungsgesetzes vor.

Dem stimmten plötzlich alle zu, auch durch Ausbleiben von Protest.

Von Luzern über Solothurn zum Wallis

Die Werke in diesem Bereich sollen nunmehr vier Jahre lang weniger für ihren Strom bezahlen müssen.

Zwischen 1. Januar 2025 und dem 31. Dezember 2028 wird der Schweizer Stahlindustrie ein Teil der Gebühren für die Nutzung des Stromnetzes erlassen.

Im ersten Jahr sollen die Netznutzungsgebühren für die Werke um 50 Prozent sinken, im zweiten Jahr um 37,5 Prozent, im dritten Jahr um 25 Prozent und schliesslich im vierten Jahr um 12,5 Prozent.

Den Rabatt für Steeltec in Emmenbrücke LU, Stahl Gerlafingen SO sowie die Aluminiumgiessereien Constellium und Novelis in Siders VS zahlen alle Stromkonsumenten der Schweiz.

Mit Umweltpolitik überstimmen

Die Politik, und das ist der neue Trick, bringt bei der Abwägung aber nicht nur ökonomische Argumente, sondern auch die Ökologie ins Spiel, um unwirtschaftliche Industrien zu retten.

Die Schweizer Stahlwerke um Swiss Steel & Co. seien wichtig für das Rezyklieren von Stahlschrott, hiess es aus den Eidgenössischen Räten.

Bei einer Verlagerung der Schweizer Stahlproduktion ins Ausland würde ein höherer CO2-Ausstoss resultieren, erklärten Politiker.

Falls die Schweizer Firmen weiterproduzieren könnten, entfielen beispielsweise unzählige Lastwagenfahrten für den Transport, und das sei doch für das Land wünschenswert.

Ökonomische Realitäten werden nun mit umweltpolitischen Zielen überstimmt.

Bankrotte Firmen sollen zahlen

Die Staatshilfen sollen wohlgemerkt nur unter der Bedingung von Standortgarantien gewährt werden. Andernfalls sollen die Subventionen zurückgezahlt werden.

Wenn eine marode Industrie dann trotz der Subventionen den Bach hinuntergeht, fragt man sich, welche bankrotte Firma die Stützungsgelder zurückzahlen soll. Doch davon will die Schweiz nichts wissen.

Marode Industriepolitik

Erst gab sich das ganze Land überzeugt, dass trotz der Demonstrationen zum Erhalt der Schweizer Stahlindustrie keine Subventionen gewährt würden.

Als die Sonntagsreden vorbei waren, machte sich die Politik ans Werk und ersann einen Plan, der maroden Industrie doch noch Staatshilfen zu gewähren.

Das nennt man Schweizer Industriepolitik, die eigentlich ordnungspolitisch immer so korrekt sein will.

18.12.2024/kut.

Schweiz begeht ordnungspolitische Sünde

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