Selbständigerwerbende haben in der Schweiz eine schlechte soziale Absicherung. Der Bundesrat unterstellt weiterhin böse Absichten.
Die soziale Absicherung von Selbstständigerwerbenden unterscheidet sich in der Schweiz deutlich von jener der Arbeitnehmer.
Krankheit nicht gedeckt
Die Selbstständigen sind weder der obligatorischen beruflichen Vorsorge noch der obligatorischen Unfallversicherung unterstellt.
Zudem müssen sie für den Ausfall des Erwerbseinkommens infolge Krankheit eigene Vorkehrungen treffen.
Drei Ansätze verfolgt
Seit Jahren wird um eine bessere Absicherung gerungen.
Doch diesen Bestrebungen erteilte die Landesregierung nun eine Absage.
Der Bundesrat habe drei Ansätze geprüft, teilte die Administration zu der Angelegenheit mit.
So untersuchte er die Schaffung einer freiwilligen Versicherung für Selbstständigerwerbende im Rahmen der Arbeitslosenversicherung (ALV), die Integration in die Erwerbsersatzordnung (EO) und den Aufbau einer obligatorischen Reserve.
Doch der Bundesrat kam zum Schluss, dass eine Integration weder in die ALV noch in die EO praktikabel sei, wie es im Communiqué hiess. Die Umsetzung wäre aufwändig und mit teilweise hohen Kosten verbunden, erklärte die Landesregierung.
Ungenügende Eigenbemühung?
Eine freiwillige Arbeitslosenversicherung für Selbstständige wäre zudem kaum attraktiv., weil sich vor allem Personen mit hohem Risiko versichern würden. Daher müssten die Beiträge entsprechend hoch sein.
Ein Versicherungsobligatorium wiederum würde Fehlanreize bieten und müsste restriktiv ausgestaltet werden, so der Bundesrat, und unterstellt quasi stets böswilliges Verhalten.
Es wäre dabei schwierig, klare Kriterien zu definieren, wann eine «unverschuldete» Unterbeschäftigung vorliegt, und wann eine «freiwillige» Flaute bei Aufträgen, also etwa ungenügendes Bemühen um Aufträge, machte die Politik klar.
Auch die Quersubventionierung von Selbständigerwerbenden durch Arbeitnehmende müsste wohl vermieden werden, was eine Integration in die bestehenden Systeme zusätzlich erschwere, so die ganzen Hinderungsgründe.
Andere Länder zeigen den Weg
Doch wer in den Gesamtbericht schaut, der sieht, dass es durchaus solche Lösungen gibt und die Schweizer Beamten auch alle feinsäuberlich zusammengetragen haben.
So bieten etwa Irland, Spanien oder Schweden umfassende Lösungen für ihre Freelancer. Teilweise wird zumindest eine Grundsicherung geboten.
Wo ein Wille ist, da ist also auch ein Weg, könnte man es umschreiben.
In der Schweiz sind Bestrebungen seit Jahrzehnten gescheitert, die Situation zu verbessern.
Trend zur eigenen GmbH
Die Zahl der Selbstständigen ist in den vergangenen 20 Jahren in der Schweiz aber ohnehin um rund 8,5 Prozent gesunken, teilte der Bundesrat obendrein mit.
Während im Jahre 2001 noch rund 376.000 Selbstständigerwerbende als Beitragszahler in der Alters- und Hinterbliebenenversorgung AHV erschienen, waren es im Jahr 2018 noch gut 344.000 Personen.
Diese rückläufige Entwicklung sei allerdings teilweise auf die im Jahr 2008 in Kraft getretene GmbH-Reform zurückzuführen, erklärte die Landesregierung die rückläufigen Zahlen.
Seither seien nämlich auch Ein-Personen-Gesellschaften zulässig.
Ungerechtigkeit im System
Zahlreiche Selbstständige wurden durch die Anstellung in der eigenen Firma zu Arbeitnehmenden.
Und dort sind sie zwar beispielsweise gegen Arbeitslosigkeit obligatorisch abgesichert, aber sie erhalten kaum Leistungen, weil sie ihre Joblosigkeit mit dem gleichen Argument wie bei Selbstständigen auch selbst herbeiführen könnten.
Beiträge dürfen sie dennoch bezahlen. Die soziale Absicherung fehlt also auch dort und ungerecht ist die Zahlungspflicht allemal.
09.12.2024/kut.