Privatbanken bleiben von Notsituationen nicht verschont. Folgte Rahn+Bodmer seinem eigenen Konzept für Notfälle?
Als Rahn+Bodmer im Jahr 2020 ein Interview «In eigener Sache» zu Notfallkonzepten von Familienunternehmen publizierte, dachte die Zürcher Privatbank wohl kaum, dass sie das Wissen bald selbst brauchen würde.
«Der Notfall kommt immer von dort, wo man ihn nicht erwartet», hatte Martin H. Bidermann, Partner bei Rahn+Bodmer, damals erklärt. Die Bank solle aber in sich selbst geschützt sein, hiess es weiter.
Ausscheiden aus Rollen
Und genau so eine unverhoffte Notsituation ist bei der ältesten Privatbank der Schweiz eingetreten. Doch es waren nicht, wie damals vermutet, der Komplettausfall der IT-Systeme, sondern der langjährige Partner André M. Bodmer erlitt einen Unfall und fiel vor Monaten wohl sogar ins Koma.
Zwar soll der erst 60-Jährige mittlerweile auf dem Weg der Besserung sein und habe sich laut einem Communiqué des Geldhauses vom Freitag nach dem Unfall in die Rekonvaleszenz, also die letzte Phase der Genesung, begeben.
Jedoch werde der seit 1995 unbeschränkt haftende Partner der dritten Familiengeneration nicht mehr in seine aktiven Rollen als Partner und Kundenberater zurückkehren, hiess es weiter.
Schweigen im Walde
Als das Notfallkonzept für Familienunternehmen vorgestellt wurde, hatte Bidermann erklärt, dass die Bank sogar so weit gegangen sei zu regeln, was passiere, wenn seine ganze Familie durch einen Unfall ausfalle.
«Auf der privat- und güterrechtlichen Seite sind wir durch Ehe- und oder Erbverträge sowie Vorsorgeaufträge vorbereitet», sagte er.
«Mein wichtigster Tipp: Kommunikation», hob Bidermann aber hervor. Und genau an dieser Kommunikation gibt es allerdings Kritik.
Gemäss dem regelmässig gut informierten Finanzblog «Inside Paradeplatz» wussten auch Wochen später weder Bankmitarbeiter noch Kundschaft, was genau bei André M. Bodmer im August 2023 passiert ist, und wie es weitergehen soll.
Der Ausfall des Partners wurde offiziell nie thematisiert.
Millionen an Eigenmittel
Am gestrigen Freitag hiess es neben dem Ausscheiden des verunfallten Partners, der sich bei der Förderung junger Schweizer Golf-Talente einen Namen gemacht hat, dass seine Kommanditärin am Unternehmen finanziell beteiligt bleibe.
Wie genau die Haftungsstruktur aussieht und was eigentlich konkret vorgefallen ist, wird allerdings auch nicht gesagt.
Die Bank werde von den verbleibenden fünf Komplementären unter dem gleichen Namen wie bisher weitergeführt und verfüge über Eigenmittel von mehr als 200 Millionen Franken, führte die 1750 gegründete Bank lediglich aus.
«In der Kommanditgesellschaft gibt es zwei Arten von Gesellschafter. Komplementäre, die in der Bank arbeiten und mit ihrem privaten Vermögen unbeschränkt für die Verbindlichkeit der Unternehmung haften. Die weiteren Gesellschafter — die Kommanditäre — haften nur bis zur Höhe ihrer Einlagen. Sie haben bloss sehr eingeschränkte Kontrollrechte», hatte Partner Bidermann im Jahr 2020 zum Notfallkonzept in eigener Sache erklärt.
Aus sechs werden fünf Partner
Durch diese Struktur habe die Rahn+Bodmer vorgesehen, dass Kommanditäre, wie dereinst möglicherweise Bidermanns Tochter, an der Bank beteiligt seien, aber nicht für die Bank arbeiteten.
«Die finanzielle Unabhängigkeit der Bank und den Fortbestand können wir so sicherstellen», sagte Bidermann zur Firmennachfolge, falls jemand ausfalle.
Doch wie sieht es in der Bank nun konkret aus? Aus sechs Teilhabern sind mit dem unfallbedingten Ausscheiden von André M. Bodmer nur noch fünf geworden.
«Seine Kommanditärin», wer auch immer dies in dieser weiblichen Beschreibung ist, sei aber weiterhin beteiligt. Mit wieviel und warum, dies erfahren Externe nicht.
Lachende Personen auf Foto
Im Dezember 2023 hatte Rahn+Bodmer an Kunden und auch an das Wirtschaftsnews-Portal muula.ch noch den «Jahresrückblick 2023» geschickt. Darin lachen die sechs Partner noch alle freudig gleich am Anfang der Broschüre.
Zwar dreht sich vieles um den Ukraine-Krieg, die Abschaltung der letzten drei Atomkraftwerke in Deutschland, die KI-Plattform ChatGPT oder den Untergang der Credit Suisse; vom Ausfall eines Partners steht dort jedenfalls nichts. Was konkret intern passiert ist, kommunizierte die Bank nicht.
Darf man nach aussen in solch einer Situation den Anschein erwecken, es sei alles in Ordnung? Wahrscheinlich nicht.
«Dabei verstehen wir unsere Beratung als eine Dienstleistung von Mensch zu Menschen», schrieb Rahn+Bodmer im Jahresrückblick sogar noch wörtlich. Wie das gehen soll, wenn ein Partner unfallbedingt im Koma liegt, sagen die Zürcher Privatbanker allerdings nicht.
Sicher hätte jeder Verständnis dafür gehabt, dass ein Partner einen Unfall erleidet. Mit der Geheimniskrämerei schiessen aber eher Spekulationen um die Situation in die Höhe.
Eigenes Konzept vernachlässigt?
Partner Bidermann hatte den Familienunternehmen einst als wichtigsten Tipp für Notsituationen «die Kommunikation» mit auf den Weg gegeben.
Genau daran scheint es bei der Privatbank aber selbst zu hapern. Der Notfall kommt zwar immer unerwartet, doch genau dafür war Rahn+Bodmer eigentlich gut vorbereitet.
Schade, hielt sich die Privatbank da praktisch nicht an ihre eigenen Empfehlungen.
10.02.2024/kut.