Sanierung einer Modemarke mit Schweizer Tugenden

Hugo-Boss-CEO Daniel Grieder
Daniel Grieder macht den Modekonzern Hugo Boss wieder flott. (Bild: PD)

Das Modelabel Hugo Boss ist ins Straucheln geraten. Der Schweizer Daniel Grieder bringt die Firma mit Werten seiner Heimat wieder auf Kurs.

Das hatte sich Daniel Grieder während seiner KV-Lehre beim Warenhaus Globus wahrscheinlich nicht so vorgestellt.

Einmal eine stolze Modemarke vor dem Untergang retten – das war sicher damals ein unvorstellbarer Kindheitstraum.

Zusammenhalt wichtig

Und nun bringt Grieder, der zwar in den USA geboren wurde, aber in Schaffhausen aufwuchs, eine Modefirma nach der anderen zum Strahlen. Als CEO von Tommy Hilfiger, als Chef von Calvin Klein Europe und nun als Konzernchef der Modemarke Hugo Boss schaffte er unglaubliche Erfolge.

Analysiert man seine Äusserungen, so fällt auf, dass er den Sanierungskurs mit Schweizer Werten vorzunehmen scheint. «Es geht immer zuerst um Vertrauen. Und ums Team», sagte der Topmanager gegenüber dem Magazin «Focus».

Dabei müsse man ein gemeinsames Ziel haben und den Weg dahin definieren, führte er ganz Schweizerisch zu seinem auf den Zusammenhalt ausgerichteten Führungsstil weiter aus.

Hierarchie unwichtig

«Kollektionen, Kampagnen, Modenschauen, Testimonials, der Einzelhandel, die eigenen Stores – das alles musste parallel angegangen und mit neuer Relevanz aufgeladen werden», erklärte er zudem auf sein Business bezogen. Doch dies sei alles kein Automatismus und die Strategie müsse für jede Marke anders sein.

Beim Modelabel Hugo Boss scheint ihm aber nicht nur Qualität und Präzession á la Suisse geholfen zu haben.

Die Firma aus Metzingen (DE) hat auch die Markenbotschaft geändert – ‹be your own boss›, lautet es nun und jeder kann sein eigener Boss sein. Das Modelabel macht seiner Kundschaft klar, «dass es nicht um Hierarchie geht, sondern um Selbstbewusstsein. Damit sprechen wir auch Frauen an», erklärte Grieder in Bezug auf das geänderte Markenverständnis.

Dabei scheint die Schweiz durch – denn sie ist ja auch für flache Hierarchien bekannt.

Beratung mit jüngerer Generation

Selbst firmenintern geht es unkompliziert zu und Grieder kommt mit der Generation Z zusammen, die als jüngere Zielgruppe angesprochen werden soll und in einem «Next-Generation-Board» vertreten ist.

So berät sich der CEO mit einem halben Dutzend Hugo-Boss-Mitarbeitern, alle unter 30 und Teil der Generation Z, erklärte er. «Mit denen treffe ich mich regelmässig oder auch mal spontan, wenn ich ihre Einschätzung brauche», sagte der Konzernchef.

Kompromisse eingehen

Selbst Projekte rede ihm der Firmen-Nachwuchs manchmal aus, was zeigt, wie erfolgreiche Zusammenarbeit und Kompromissbereitschaft funktionieren.

Man müsse den Jüngeren gut zuhören, mahnte Grieder. «Sie sind anders effizient und verstehen nicht mehr, weshalb man um acht Uhr im Büro sitzen muss», betonte der Modemanager, der in Zürich lebt.

«Aber wenn sie von einer Idee überzeugt sind, geben sie alles», machte Grieder, der selbst zwei Söhne in dem Alter hat, sein Erfolgsrezept klar.

Einfache Kennzahlen

Doch das ist nicht die einzige Tugend, die ihm – bewusst oder unbewusst – bei der Sanierung der deutschen Modefirma hilft.

So motiviert der Schweizer die Mannschaft mit typisch Schweizerischen, bodenständigen Sätzen. «Auch schwierige Zeiten bieten eben Möglichkeiten», sagte er zum Beispiel ganz anspornend.

Gleichzeitig steuert der fast 62-Jährige den Milliardenkonzern mit verständlichen Kennzahlen. So machte er die Kundenfrequenz in den Stores zum simplen Frühindikator für Negativentwicklungen.

«Je weniger Leute hineinschauen, umso weniger kaufen sie», sagte er. «Wenn sich dann noch der Umsatz pro Kunde verringert, wissen Sie, dass Sie ein echtes Problem haben», führte er zu den einfachen Kennzahlen aus.

Neuzeit nicht verschlafen

Seine Idee war dann ganz einfach: den Kunden in den Mittelpunkt stellen und ihn zum Fan der Modemarke machen, erläuterte er das simple Erfolgsgeheimnis. Dabei fielen offenbar zahlreiche Ladengeschäfte, wie jenes in Basel, weg.

Mit 470 Läden, wo rund 50 Prozent an Umsatz erzielt werden, sei die Zahl der Shops weltweit aber eigentlich konstant geblieben, so Grieder.

Ein paar unprofitable Standorte habe die Modefirma allerdings geschlossen – dafür aber andere eröffnet, hiess es diesbezüglich.

Neben Schweizer Werten, wie flache Hierarchien, Kompromissbereitschaft und Konzentration auf Bodenständiges, halfen aber noch andere Dinge, wie die Anpassungsfähigkeit an neue Gegebenheiten.

Neue Wege gehen

Der klassische Herrenanzug habe sich nicht zuletzt durch die Coronavirus-Pandemie stark geändert, sagte er. Mit Innovation sei Hugo Boss nunmehr eine 24/7-Lifestyle-Marke für Männer und Frauen geworden, verriet er seine neue Markenphilosophie.

«Mit unseren neuen, knitterfreien Performance-Anzügen kann man alles machen – ins Büro gehen, Fahrrad fahren oder auch bequem reisen», erklärte er die clevere Weiterentwicklung der Produktpalette.

Selbst beim Sponsoring geht er nun neue Wege. «Ein Super-Beispiel ist für mich der italienische Tennisspieler Matteo Berrettini», erklärte der Hugo-Boss-CEO.

«Vor zwei Jahren kannte ihn noch niemand. Mir ist eine sympathische Nummer 38 lieber als ein arroganter Top-Ten-Spieler», gab er zu den neuen Werbemassnahmen preis.

Dies zahle sich für beide Seiten aus, denn die zusätzliche Markenprominenz lasse auch das Testimonial bekannter werden, was fast wie etwas Schweizerische Bauernschläue klingt.

Abfall vermeiden

Und Nachhaltigkeit, die vielen Schweizern ein Anliegen ist, nimmt er sich ebenfalls zu Herzen.

«Unsere ganze Industrie muss sich den Problemen stellen», betonte er bezüglich des Umweltschutzes. Das viele Nylon und Polyester, also das viele Plastik, das die Branche noch einsetze, lande letztlich auch in den Meeren.

«Bei Hugo Boss arbeiten wir mittlerweile an nachhaltigen Ersatzstoffen», sagte der Firmenchef. Rund 50 Prozent aller produzierter Textilien in der Welt landeten ohnehin im Abfall und würden nicht einmal getragen. «Viele Marken produzieren immer noch ins Blaue hinein», beschrieb er die Missstände seiner Branche.

Mit einem digitalen Campus wolle Hugo Boss so viele Daten sammeln, dass künftig zumindest seine Modewelt nachhaltiger werde. «Je präziser ich Kundenwünsche treffe, umso weniger produziere ich am Bedarf vorbei», skizziert er seine umweltfreundlichere Vorgehensweise.

Schweigen im Walde

Und über das liebe Geld spricht der Schweizer bekanntermassen auch nicht gerne.

Auf die Frage, ob er wirklich 40 Millionen Euro an Bonus bekommt, falls der Boss-Aktienkurs bis zum Ende seines Vertrages einen bestimmten Schwellenwert überschreitet, gibt sich Grieder zurückhaltend gegenüber dem «Focus».

«Das kommentiere ich nicht mal», sagte der Hugo-Boss-CEO zurückhaltend Schweizerisch.

02.09.2023/ena.

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